Volkstrauertag 2021

Wie bereits im vergangenen Jahr stand auch die Gedenkveranstaltung am Ehrenmahl unter dem Einfluss der Corona-Pandemie. Weder die Musikkappelle Eglofs, noch der Männerchor konnten an der Veranstaltung teilnehmen. Allerdings untermalten die Jungmusikanten Bernd und Katja Kempter die Veranstaltung musikalisch gekonnt und kompensierten damit die anderen musikalischen Ausfälle.

Dem Wortgottesdienst, zelebriert durch Diakon Dr. Haller, folgte die Ansprache des Vorsitzenden der Krieger- und Reservistenkameradschaft Richard Offinger. Die Ansprache ist unten zu ersehen.

Ansprache der Vorsitzenden der Krieger- und Reservistenkameradschaft Eglofs e.V.

Anrede,

Wieder ist ein Jahr vergangen und wieder stehen wir am Denkmal für die gefallenen Soldaten des ersten und zweiten Weltkriegs, wie es eben am Volkstrauertag so üblich ist. 

Wie in jedem Jahr ist es nur ein sehr kleiner Teil unserer Ortsgemeinschaft, die sich zu dieser Gedenkveranstaltung eingefunden hat. Ihnen danke ich an dieser Stelle ganz besonders für Ihre Teilnahme. 

Heute ist es wohl – neben der Kälte – vor allem der Corona-Pandemie geschuldet, dass der Teilnehmerkreis an dieser Veranstaltung sehr überschaubar ist.

Aber so, wie die Menschen Schutz vor dem Virus suchen, tun sie dies auch oft vor der Wahrheit. Denn auch ohne Corona waren die Teilnehmerzahlen an dieser Veranstaltung in den letzten Jahren eher überschaubar. Viele Menschen wollen sich nicht erinnern, wollen nicht, dass ihnen ein Schuldgefühl auferlegt wird. Sie wollen ihre Ruhe und wollen, dass diese schlimme Zeiten der beiden Weltkriege vor über 100 bzw. über 75 Jahren endlich in der Vergangenheit begraben werdem. Wir haben doch genug Probleme mit der Gegenwart und der Zukunft – mögen viele sagen – warum lassen wir dann die Toten nicht einfach ruhen und mit ihnen unsere unschöne Vergangenheit? Das Leben ist doch so schön, warum es mit Gedanken an unsere dunkle Vergangenheit verderben? 

Wer sich aber mit der Geschichte und den Umständen, die zu den beiden Weltkriegen führten, befassen würde, würde sehr schnell feststellen, das unsere heutige aktuelle Situation – mit ihren vielen Krisen – den Situationen vor den beiden Weltkriegen gleichen. Wer nicht hinschaut, wird es aber nicht sehen, so wie es diese gefallenen Soldaten und die vielen zivilen Opfer der Weltkriege nicht gesehen haben, bis es zu spät war.

Diese Gleichgültigkeit birgt die Gefahr, dass wir die gleichen Fehler wieder begehen, wie unsere Vorfahren begangen haben und auch wieder die Gefahr, bitter dafür bezahlen zu müssen. Wir nehmen nicht wahr, dass der nächste Weltkrieg schon programmiert wird und in Teilen der Welt bereits stattfindet. Er wird anders aussehen, als die letzten beiden Kriege, aber mindestens so katastrophal enden, wenn wir uns nicht dagegen stemmen. Er wird dem Müll unserer Wohlstandsgesellschaft entspringen, dem Plastik- und Chemiemüll in den Meeren, den klimaschädlichen Gasen in der Atmosphäre und dem Gedankenmüll, der uns jeden Tag aus den sozialen Medien heraus vergiftet und die Gesellschaft entzweit. 

Aber warum erzähle ich das heute, am Ehrenmal für unsere gefallenen Soldaten?

Auch diese Menschen waren einer Fülle von Krisen ausgesetzt und wurden propagandistisch manipuliert. Auch in der Zeit vor den beiden Weltkriegen wurden demokratische Entwicklungen von Autokraten oder Diktatoren erstickt, die Gesellschaft gespalten und so die Grundlage für den Missbrauch ganzer Völker für Krieg und Völkermord gelegt. Nicht nur die autokratisch regierten Staaten zeigen auch heute wieder die selben Tendenzen, auch Staaten wie die USA bringen Politiker hervor, die der Demokratie nicht wirklich nahe stehen und ihr Volk spalten und ausspielen.  

Die Demokratie und der Rechtsstaat leben ganz erheblich vom Zusammenhalt der Bürgerinnen und Bürger eines Staates oder Staatenbündnisses. Immer dann, wenn dieser Zusammenhalt nach innen und außen gestört oder nicht vorhanden war, konnten Despoten, Autokraten und Diktatoren ihre zerstörerischen Kräfte und menschen- und naturverachtenden Ansichten entfalten und ganze Kontinente ins Unglück stürzen. Und sie werden es wieder tun – wenn wir nicht aufpassen. 

Nur eine starke und zusammenhaltende Gemeinschaft mit klaren demokratischen und menschenwürdigen Grundeinstellungen und Werten kann diesen machtversessenen Egoisten auf allen Ebenen wirkungsvoll entgegen treten. Aber geschieht das in unserem Staat?

Heute sehen wir wieder stark zunehmende Anzeichen einer zerstrittenen Gesellschaft. Das Internet wird als Plattform für die Verbreitung von Hetze, Hass und organisierter Kriminalität missbraucht und treibt die Gesellschaft ebenso auseinander, wie zunehmend extreme politische Parteien. Unser Land ist z.Zt. gespalten in Impfgegner und Impfbefürworter. Diktatoren nutzen Migranten als Waffen zur Destabilisierung von Staaten und Staatenbündnissen. Egoismen gewinnen zunehmend gegen gesellschaftliches gemeinnütziges Engagement. Während soziale Probleme in großem Maß zunehmen, nimmt das soziale Engagement ab.  Zunehmende Ungleichheiten zwischen Armen und Reichen, zwischen Mächtigen und Machtlosen, tragen zusätzlich zur Spaltung der Gesellschaft bei. 

Und damit schlagen wir die Brücke zwischen der Zeit vor den beiden Weltkriegen und heute. Könnten diese Menschenderen Namen hier in Stein gemeißelt sind, noch einmal zu uns sprechen, würden sie uns sagen: Passt auf, die Situation auf der Welt heute ist ähnlich derjenigen, wie vor den Weltkriegen. Wenn ihr – die heute Lebenden – diese Entwicklungen ignorieren, werdet auch ihr böse Zeiten durchleben und verantworten müssen. Das müssen und werden keine klassischen militärischen Kriege in Form von Kämpfen der Völker auf Schlachtfeldern sein: Auch eine Pandemie, wie derzeit Corona, oder Handelskriege, Migration im großen Stil, hybride Kriege oder die mutwillige Zerstörung unserer Lebensgrundlagen durch Profitgier können die Welt in den Abgrund stützen. 

Demokratie ist die Macht des Volkes und es ist das Volk, also wir alle, die jeden Tag – nicht nur am Wahltag – an der Erhaltung dieser unserer Macht arbeiten müssen. Wir haben das Glück, heute noch in einer festen Demokratie leben zu dürfen. Das ist aber keine Selbstverständlichkeit und darf uns nicht zur Gleichgültigkeit verführen. Demokratie muss täglich verteidigt werden. Nur so verhindern wir, dass uns diese Macht entrissen wird und wir selbst zu machtlosen Getriebenen in den Händen skrupelloser Autokraten, Diktatoren und profitsüchtiger Egoisten werden, so wie diese Opfer und alle Menschen, die in und nach den Weltkriegen Tod und körperliches sowie seelischen Leid erfahren haben.

Gedenken wir also heute den vielen Millionen Opfern der Weltkriege und aller anderen Kriege und auch aller anderen Opfer von Gewalt, Hass und Menschenfeindlichkeit nicht ohne uns selbst zu fragen, ob wir persönlich genug dazu beitragen, Frieden, Freiheit und soziale Gerechtigkeit für alle in unserem Land und darüber hinaus aufrecht zu erhalten. Es sind wir Menschen, die die heutigen großen Katastrophen herbeiführen aber auch verhindern können – und verhindern müssen. Das sind wir auch den Opfern der Kriege schuldig. 

Meine Damen und Herren, 

Während der nun folgenden Kranzniederlegung und Ehrung der Gefallenen werden auch in diesem Jahr wieder Salutschüsse zu hören sein. Sie sind keine Glorifizierung des Krieges, sondern ein Akt des Gedenkens und der Ehrung der Toten. Der martialische Lärm erinnert uns dabei an das, was wir verhindern sollten, während die friedliche Ruhe danach das eigentliche Ziel ist und den Frieden symbolisieren soll, den wir alle mit besten Kräften erhalten sollten.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit und wünsche Ihnen noch einen nachdenklichen Gedenktag.